So ein Zirkus!
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Dienstag, 23. November 2010
Onlinejournalismus
Wer Online-Journalismus studiert, der wird zwei Dinge oft gefragt: „Ist das sozusagen Schreiben im Internet?“ oder, da der Studiengang sich nun doch auch abseits der einschlägigen Kreise schon herumgesprochen hat: „Was meinst du, Print ist also tot, oder?“
Je nachdem, welchen Student der Interessierte antrifft, wird er verschiedene Antworten darauf bekommen. Fast immer werden dabei viele Argumente für die Qualität von Online-Medien fallen: Ihre Aktualität, die vielen multimedialen Möglichkeiten, die Freiheit der Leser, sich einzubringen, die hohe Spezialisierung und Vernetzung … Manch eine Befragung des Print-Orakels wird also vielleicht so ausgehen: „Online ist die Zukunft.“ Genauso oft wird aber zu hören sein: „Nein, Print ist deswegen nicht tot.“
Einige unserer Studenten haben gerade wieder den Beweis dafür abgelegt, dass eine Symbiose beider Welten interessant sein kann: Das erste mehrsprachige Blogger-Bookazine ist am 14. September im Herznote Verlag erschienen und wird seither weltweit verkauft. Das Bookazine ist eine Mischung aus Buch und Magazin, mit vielen verschiedenen Artikeln, detailreich gestaltet, aber mit zeitlosen Inhalten und vor allem immer einem neuen Überthema – diesmal Mode.
Auf die Idee zu dem 352 Seiten starken Bookazine hätten nur Online-Freaks mit einem Hang für Gedrucktes kommen können. Denn die Liebe zu Blogs verstärkte sich bei Anke Schuhardt, Florian Siebeck und Rebecca Sandbichler vor allem im Studium: „Wir haben seit Jahren hunderte Blogs und eben auch Modeblogs in unserem Feedreader“, erzählt Anke Schuhardt, die im siebten Semester an der h_da eingeschrieben ist. „Ihr Einfluss wuchs immer mehr und auch in Printpublikationen kamen sie langsam an. Dort wurden sie erwähnt und vorgestellt, aber meistens eben nur das“, sagt sie. „Wir wollten ihnen aber eine Plattform außerhalb der Blogosphäre geben und den Skeptikern zeigen, dass es sich hier um ernstzunehmende Journalisten handelt.“
Dabei haben die jungen Verleger aber nicht ihre Ausbildung vergessen: „Uns war wichtig, dass die Autoren sorgsam ausgewählt sind und ihre Themen und Artikel – nach redaktionellen Maßstäben aufbereitet – in einem schlüssigen Format gebündelt werden. Darum haben wir nicht einfach Blogposts recycelt, das hätte keinen Mehrwert“, sagt Chefredakteurin Rebecca Sandbichler.
Diese redaktionelle Arbeit mit internationalen Bloggern sei eine neue Herausforderung gewesen, sagt Bildchef Florian Siebeck, der als Programmierer auch die Website und den Blog des Verlags betreut. „Wir haben mit Autoren aus der ganzen Welt zusammengearbeitet und die Artikel auf deren Muttersprache und auf Englisch veröffentlicht. Das kann mitunter kompliziert sein.“ Darum griff das Team um die drei Studenten auf ihren Online-Hintergrund zurück: Die Redaktion nutzt Wikis zur Wissensverwaltung, Online-To-Do-Systeme und Kalender wie Toodledo und calDAV, synchronisiert ihre Daten mit dem File-Sharing-Dienst Dropbox und erstellt gemeinsame Listen in Google Docs. Print, der durch das Internet entsteht? Ja, sagt Siebeck: „Ohne die globale Vernetzung mit den Bloggern und diese Art der Zusammenarbeit gäbe es keinen CIRCUS.“