Milliarden für die Forschung – doch wer kontrolliert die Qualität?
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Sonntag, 10. Juni 2007
Onlinejournalismus
Pro Jahr fördert Vater Staat die nationale Forschung mit Milliardenbeträgen. Ein Großteil der Gelder fließt dabei in hervorragende Grundlagenforschung. Und dennoch: „Ob das Vergabesystem glücklich ist?“ und „Was kommt da wirklich bei heraus?“ fragte Meike Siekermann vom Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (IFQ). Die studierte Medienwissenschaftlerin sprach an der Hochschule Darmstadt zum Thema „Forschungslandschaft in Deutschland: Trends und Perspektiven“. Matthias Knoll kommentiert.
Deutschland forscht, und das zumeist nicht schlecht. Das kostet natürlich: 1,9 Milliarden Euro verteilt der Staat bis 2011 allein im Rahmen der Exzellenzinitiative an „Leuchtturm“-Universitäten, die mit ihren innovativen Konzepten überzeugen konnten. Seit der Berichterstattung darüber ist den meisten Bürgern bewusst, dass Forschung richtig kostet.
Was der Geldsegen für die Spitzenforschung hingegen am Ende wirklich bringt, ist ungewiss. Frühestens in fünf bis zehn Jahren könnten hierüber erste Ergebnisse veröffentlicht werden, schätzt die Expertin vom IFQ. Meike Siekermann kommt von dem Institut, das unabhängige Informationen über die Qualität der Wissenschaft in Deutschland liefern soll. Dazu gehört auch, Forschung über längere Zeit zu beobachten und die Verwendung der Mittel zu beurteilen. Denn schließlich handelt es sich bei Forschungsmitteln zum überwiegenden Teil um Steuergelder, die der Bürger natürlich sinnvoll verwendet sehen will.
Das IFQ soll dabei hauptsächlich dem größten Geldgeber der deutschen Forschungslandschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), auf die Finger schauen. Die DFG vergab im Jahr 2005 immerhin 1,3 Milliarden Euro Forschungsgelder, die sie vom Bund und den Ländern ohne Zweckbindung erhielt. Wo fließt wie viel Geld hin und was bringt dies am Ende? Das sind die beiden dringendsten Fragen die das
Institut an die DFG stellt. Das IFQ soll also Hilfestellung geben, wie staatliche Fördergelder effizient und sinnvoll verteilt werden können.
Denn in der deutschen Förderungslandschaft hat sich in jüngster Vergangenheit einiges getan. Die Konkurrenz um die bereitgestellten Mittel ist größer als noch vor Jahren. Die Anzahl der Förderungsanträge an die DFG nimmt stetig zu, und damit ist es auch viel schwieriger geworden, Forschungsgelder bewilligt zubekommen. Meike Siekermann formuliert es salopp so: „Früher musste man sich schon blöd anstellen, um seinen Antrag nicht bewilligt zu bekommen.“
Ob die Vergabepraxis früher lockerer war oder ob heute durch die höhere Anzahl an Anträgen auch mehr mittelmäßige darunter sind, ließ sie offen. Heute werden nur noch rund die Hälfte der eingegangen Anträge bewilligt. Gut zu wissen, dass es mit dem IFQ eine unabhängige Instanz gibt, die ein Auge auf die Vergabe von Fördermilliarden hat. Allerdings – das IFQ ist nur fast unabhängig. Denn es ist so gut wie vollständig durch die DFG finanziert, eben jener Institution, die es zu begutachten gilt.
Neben der DFG als größtem Geldgeber wird wissenschaftliches Arbeiten in der Bundesrepublik natürlich auch von der Wirtschaft, direkt vom Bund und Ländern, der EU, Stiftungen und internationalen Organisationen bezahlt. Trotz aller Kritik gehört die Forschung hierzulande immer noch zu den besten weltweit. Dies hat sicher auch
damit zu tun, dass es in Deutschland die außeruniversitäre Forschung gibt: Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft oder Helmholtz-Gemeinschaft genießen einen guten Ruf und finanzieren sich von Geldern aus Wirtschaft und staatlicher Fördermitteln.
Ob dieses zweigleisige System von universitärer und außeruniversitärer Forschung sinnvoll ist, lässt sich laut Meike Siekermann schwer sagen. Einerseits ist ein doppeltes System möglicherweise auch ein teureres. Andererseits bieten etwa Max-Planck-Institute ein außerordentlich fruchtbares Umfeld für Forscher aus der ganzen Welt.
International angesehene Forschungseinrichtungen und Universitäten sind wichtig für die Gesellschaft. In einer zunehmend globalisierten Welt sind es genau diese Einrichtungen die einer Nation ein Alleinstellungsmerkmal bieten und international sichtbar sind. Die Förderung der Forschung durch den Staat ist somit nötig und sinnvoll, um Deutschland auch in Zukunft eine gute Position im weltweiten Wissenschaftsbetrieb zu garantieren.
Ob es hierfür jedoch nötig und sinnvoll ist, nur wenige Spitzen-Universitäten massiv zu unterstützen, um international konkurrenzfähig zu sein und anderen diesen Geldzustrom zu verwehren, ist fragwürdig. Die Forschungslandschaft in der Bundesrepublik hat schon immer von ihrer Vielfalt profitiert. Breit gestreute Unterstützung der Forschung in allen Fachbereichen muss auch in der Zukunft sichergestellt werden.
So gesehen ist die DFG mit der Gründung des IFQ zur Überwachung und Optimierung der Vergabeverfahren auf einem richtigen Weg. Die Qualität in Wissenschaft kann so besser überprüft und vor allem gehalten werden. Denn: Deutschland belegt einen guten vierten Platz, was die Zitierhäufigkeit wissenschaftlicher Veröffentlichungen weltweit betrifft – dies ist sicherlich nicht nur deshalb der Fall, weil wenige Gewinner der Exzellenzinitiative hervorragende Arbeit leisten.