INSM: Grenzgänge im Namen der Reform
Ein Beitrag von
Samstag, 4. Juni 2005
Onlinejournalismus
Die „Lautsprecher des Kapitals“ (Die Zeit) gehen weiter in die Offensive: Diese Woche hat die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM, Claim: „Chancen für alle“) einen Förderverein gegründet, der neben dem Millionenetat der Arbeitgeber von Gesamtmetall mehr Geld und ein unabhängigeres Image für die derzeit größte deutsche PR-Kampagne bringen soll.
Schließlich will die INSM die Republik verändern und mehr Marktwirtschaft und weniger Soziales. Dabei zieht die Initiative so ziemlich alle PR-Register, die man sich vorstellen kann (wir werden dies nächste Woche in der Veranstaltung PR I ausführlich analysieren).
Dazu gehören auch fortwährende Grenzverletzungen wie so genannte „Medienpartnerschaften“, die nicht nur privaten Fernsehsendern wie MTV, sondern auch Blättern wie der „Welt“ der WiWo (hier, hier oder hier), oder Impulse exklusive Informationen garantieren. Dazu finanziert die INSM zum Beispiel Studien oder Umfragen, und die Medienpartner bekommen die Ergebnisse dann zur Erstveröffentlichung. So kommen natürlich viel einfacher exklusive Informationen ins Blatt als durch eigene Recherche.
Jetzt will die Initiative nach einem taz-Bericht noch mehr Partnerschaften, diesmal mit Wissenschaftlern und Hochschulen:
“ „Kindervorlesungen“ an den Unis sollten der „Förderung der Grundbildung zur sozialen Marktwirtschaft“ dienen. Hierfür habe sich bereits der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen bereit erklärt, der für die INSM schon viele Pressekonferenzen über den unabwendbaren Untergang etwa der sozialen Pflegeversicherung gegeben hat. „(taz,3.6.05)
Sicher ist es nichts Neues, dass Interessenvertreter wie Kirchen, Verbände oder Gewerkschaften wissenschaftliche Schützenhilfe suchen; meist handelt es sich dabei jedoch um Unterstützung in einzelnen politischen Fragen – etwa zur Ausgestaltung eines konkreten Gesetzes. Die INSM sucht und findet jedoch Partner, die gemeinsam die Republik verändern wollen. Sicher ist Veränderung kein Schaden, aber hier wird systematisch Politik durch PR gemacht. Und solche PR wird als Propaganda wahrgenommen. Genau das wollten wir nicht.
>>LobbyControl: INSM-Förderverein, Teil 2
>>Publizistik in Berlin: Meinungmachen für die Wirtschaft
>>PR-Fundsachen: Ethik in der PR – ein paar Gedanken
>>SpOn: Tabakindustrie bezahlte Studien deutscher Gesundheitswissenschaftler