Brustkrebsstudie: Zweifelhafte Wissenschafts-PR
Ein Beitrag von
Donnerstag, 21. Juli 2005
Onlinejournalismus
Darf Wissenschafts-PR auf die Angst von Menschen setzen? Darf sie eine „Informationskampagne“ inszenieren, die statt unabhängiger Information eigentlich das Ziel hat, Teilnehmerinnen für eine medizinische Studie zu gewinnen? Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (Printausgabe, 21.7.2005) gehen die Firma Astra Zeneca und das Deutsche Grüne Kreuz diesen zweifelhaften Weg: Sie wollen demnach Teilnehmerinnen für eine Studie gewinnen, die ein Brustkrebsmittel der Pharmafirma testen wollen. Allerdings werden nicht an Brustkrebs erkrankte Frauen gesucht, sondern solche mit erhöhtem Risiko. Und um diese zu gewinnen, wird mit der Angst vor Krebs gespielt.
Dies zeigt sich vor allem auf der Website www.brustkrebsvorbeugen.de, die für Laien als neutrale Informationsseite daherkommt. So heißt es auf der Unterseite „Über uns„:
„Die Internetseite „www.brustkrebsvorbeugen.de“ ist Eigentum der German Breast Group (GBG), einer deutschen Studiengruppe, die speziell Studien zum Thema Brustkrebs durchführt. Ihr Ziel ist es, die Vorbeugung und die Behandlung von Brustkrebs zu verbessern. Mehr als 300 klinische Einrichtungen und über 500 Ärzte arbeiten im Rahmen dieser klinischen Studien zusammen.“
Tatsächliche Eignerin der Seite ist jedoch die Firma Astra Zeneca. Da für die Studie IBIS II (International Breast Cancer Intervention Study-II) Frauen gesucht werden, „deren Risiko in den nächsten fünf Jahren bei über zwei Prozent liegt“ (SZ) – also gesunde Frauen -, hat man sich offenbar für eine weitergehende Verschleierungstaktik entschieden: So wird auf der Website ein Test angeboten, der einen großen Teil der Frauen automatisch in die Risikogruppe steckt und durch dieses „Spiel mit der Angst“ für die Studie gewinnen soll, wie die Women’s Health Coalition im SZ-Artikel kritisiert. Dass es auch anders geht, beweist der englische Ableger der Studie: Seine Website heisst www.ibis-trials.org und erklärt den Besuchern auf der Startseite, worum es bei der Studie geht.
Und wie stellt sich die deutsche PR-Strategie im Licht von PR-Kodizes dar? Artikel 4 des Code de Lisbonne, dem sich PR-Praktiker verpflichtet fühlen sollten, lautet:
„Public Relations-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht irreführen.“
Und im Code d’Athènes heißt es, PR-Praktikter, die Mitglied in einem Berufsverband sind, sollten es unterlassen, „irgendwelche Methoden oder Mittel anzuwenden, mit deren Hilfe unbewusste Antriebe manipuliert oder hervorgerufen werden können, wodurch der einzelne seiner Urteilsfähigkeit und der Verantwortlichkeit für sein Handeln beraubt werden könnte.“