Wir wollen alles, aber kosten darf es nix!
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Donnerstag, 16. November 2006
Onlinejournalismus
Ich freue mich immer, wenn bei qualitativ hochwertigen Online-Angeboten Werbung zu sehen ist. Und wenn’s so richtig kracht, mit Skyscrapern, Flash-Animation und bildschirmfüllenden Interstitials – dann freue ich mich besonders. Denn ich weiß, dass dann der Rubel rollt. Und wenn es gelingt, journalistische Qualität erfolgreich zu vermarkten, so ist das doch ein Grund zum Jubeln: Es heißt, dass diese Qualität eine Chance hat, uns trotz der gnadenlosen Zwänge des Marktes erhalten zu bleiben.
Nun ist das natürlich eine Sicht der Dinge, von der man kaum erwarten kann, dass alle sie sofort teilen. Das Wissen um wirtschaftliche Hintergründe des Online-Publishing ist nicht so weit verbreitet, und die Geschenkökonomie der ersten Internet-Jahre hat vielerorts Erwartungen geweckt, von denen die Nutzer sich jetzt ungern verabschieden.
Dennoch finde ich die Diskussion, die gerade im sogenannten Meckerblog bei Zeit.de im Gange ist, ärgerlich und ernüchternd. Dort hatte der Hofnarr vom Dienst Onkel Brumm pflichtschuldigst eine jüngst auf zeit.de geschaltete aufdringliche Vorschaltwerbung kritisiert – es sei ihm nachgesehen, so etwas ist sein Job. Sofort erhob sich jedoch auch ein großes Geschrei unter den Lesern, voll selbstgerechter Empörung über die Zumutung eines zusätzlichen Klicks.
Da nützte es auch nichts, dass sich der zuständige Verlags-Geschäftsführer Thomas Brackvogel ganz schnell und vorbildlich mit ein paar erläuternden Worten zu Wort meldete, und auch Zeit.de-Chef Gero von Randow höchstselbst die Wogen zu glätten versucht – die Leser wissen es besser. Statt sich mit der Homepage ihrer Wahl über den geschäftlichen Erfolg zu freuen, erteilen sie dem Versuch eines konstruktiven Kundendialogs per Weblog mit sorgfältig aufgetragenem Schaum vorm Mund eine Absage. Hauptsache, man fühlt sich im Recht, da muss der Verstand auch mal zurückstehen. So können die Segnungen von Web 2.0 auch aussehen: Mob statt Community.