Vortragsreihe: „Das Feindbild der Krebsforscher“
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Montag, 19. Juni 2006
Onlinejournalismus
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg erforscht Krebsrisiken und Heilmittel. Jede neue Chance Krebs zu heilen ist eine Schlagzeile oder eine Radiomeldung wert. Doch Neuigkeiten müssen die Zeitungen erst einmal erreichen, Journalisten über Forschungsergebnisse informiert werden. In der Vortragsreihe „Berufsfeld Wissenschaftsjournalismus“ sprach Julia Rautenstrauch, Leiterin der DKFZ-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, am 14. Juni über das Feindbild der Wissenschaftler und den idealen Pressesprecher. Christoph Penter berichtet.
Eigenschaften wie Offenheit und Zuverlässigkeit seien selbstverständlich für einen Pressesprecher. Journalistische Erfahrung und fundiertes Grundwissen in einem Fachgebiet wie Medizin oder Biologie müsse der Pressesprecher einer Forschungseinrichtung wie dem DKFZ ferner schon mitbringen. „Nicht jeder Wissenschaftler möchte seinen Forschungsbericht auch noch detailliert erklären“, verdeutlicht Rautenstrauch. „Da muss man sich auskennen und die hochkomplexen Fachinhalte für einen Laien übersetzen können.“
Auch für die Mitarbeiterzeitschrift, Besuchergruppen und den Internetauftritt ist Rautenstrauch verantwortlich. Ein neunköpfiges Team, zum größten Teil Wissenschaftsjournalisten, unterstützt sie dabei. „Viele Firmen trennen externe und die interne Kommunikation, wir machen beides“, sagt die studierte Medizinerin.
Das Magazin „Einblick“ informiert vierteljährig über populärwissenschaftliche Inhalte der Krebsforschung. Imagebroschüren und Corporate Design – die einheitliche Gestaltung des Unternehmensauftritts – stärken das öffentliche Interesse. Das hausinterne Intranet und die Mitarbeiterzeitschrift DKFZ-intern informieren die 1800 Beschäftigten über Personalien und Betriebskultur. Doch die Hauptaufgaben der Public Relations – der Öffentlichkeitsarbeit – sind Pressemitteilung und Pressekonferenzen bei bedeutsamen Ereignissen.
Mangelndes Fachwissen
Fragen von Journalisten landen ebenfalls bei Rautenstrauch, um Missverständnisse zwischen Forschern und Berichterstattern zu vermeiden. „Kommen Sie doch nächste Woche mal vorbei und bringen Sie viel Zeit mit“, zitiert Julia Rautenstrauch scherzhaft die Wissenschaftler. Gerade bei aktuellen Medien sei der Termindruck jedoch groß. Hinzu kämen oft mangelndes Fachwissen und unsaubere Recherchen. Die größte Gefahr drohe aber von inkompetenten Journalisten, die zwar kritisch fragten, sich aber nur ihre Vorurteile bestätigen ließen. „Inkompetente Journalisten sind das natürliche Feindbild eines jeden Wissenschaftlers“, sagt Rautenstrauch. Doch viele Forscher betrachteten selbst studierte Fachkollegen namhafter Wissenschaftsmedien nicht als gleichberechtigte Gesprächspartner. Außerdem verkennten sie häufig, wer den Artikel später lesen soll: Bankangestellte und Lehrer, nicht Biotechniker oder Atomphysiker. Dennoch funktioniert im DKFZ die Zusammenarbeit.
Christoph Penter