Barbara Simon als Expertin in der Frankfurter Rundschau
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Mittwoch, 14. September 2005
Onlinejournalismus
Vertretungsprofessorin Barbara Simon hat für die Frankfurter Rundschau die Websites von Direktkandidaten im Bundestagswahlkampf bewertet. FR-Journalisten haben daraus Beiträge gemacht, die in der Rundschau letzte Woche und gestern gedruckt wurden. Zur Info hier die Texte der FR-Journalisten über die Bewertung der Websites. Barbara Simon wird im Wintersemester ja ein Projekt zur Politik-PR im dritten Semester anbieten.
Hier die Texte aus der Frankfurter Rundschau vom 8. und 13.9.:
>>:
Nur zwei kommen online gut rüber
Medienwissenschaftlerin klickt sich für die FR durch die Seiten der Bundestags-Direktkandidaten
Nach vielen Klicks steht das Urteil von FH-Professorin Barbara Simon fest: Die Webseiten von Storm und Zypries erhalten gute Noten.
BILD: ANDREAS ARNOLD
Die Bedeutung von persönlichen Internetsei-
ten für den Wahlkampf ist nach Einschät-
zung der Medienwissenschaftlerin Barbara
Simon in den vergangenen Jahren gestie-
gen. Die FHD-Professorin hat für die FR die
Hompages von vier Darmstädter Direktkan-
didaten unter die Lupe genommen.
Darmstadt· „Mit einer gut gemachtenSeite ha-
ben Politiker die Chance, Wählern ihre Poli-
tik schmackhaft zu machen“, sagt Simon,
die in Vertretung eines Kollegenander Fach-
hochschule Darmstadt Online-Journalis-
mus lehrt. ImWahlkampf spiele der „perso-
nal touch“, also die persönliche Seite, der Po-
litiker eine wichtige Rolle. ImInternet könn-
tensie sichbesser darstellenals auf Wahlpla-
katen oder in Broschüren. Bürger könnten
online zudem leicht mit den Politikern in
Kontakt treten – etwa über Internetforen
auf den Seiten. „Da ist die Schwelle wesent-
lich niedriger als bei einem Infostand oder
einer Bürgersprechstunde.“
Die Bewerber der großen Parteien für das
Direktmandat im Darmstädter Wahlkreis
sind online. Simonhat sich mit demBlick ei-
ner Wählerin durch die Seiten der Direkt-
kandidaten geklickt. „Das hat keinen An-
spruch auf wissenschaftliche Tiefe“, betont
die Expertin. Es sei eher eine Simulation,
wie die Seiten auf die Nutzer wirken.
Ihr erster Eindruck von der Homepage
des CDU-Bewerbers Andreas Storm ist gut.
„Die Seite ist sachlich gestaltet und hat eine
übersichtliche Schrift.“ Sie ist nach dem so
genannten Torbogenprinzip aufgebaut.
Links sind Buttons, die zu Themen führen
wie Bundestagswahl, Persönliches oder
Wahlkreis. In der Mitte steht ein Schreiben
an die Bürger, rechts ein Ticker und weitere
aktuelle Meldungen. Simon lobt die Naviga-
tion als zweckmäßig. Es gibt auch den
Home-Button, der die Nutzer zur Startseite
bringt. Simon hat aber auch Kritik: Auf den
Seiten von Storm stünden zwar viele Infor-
mationen, die meisten Texte seien aber sehr
trocken. „Das sind oft Bleiwüsten. Das darf
man im Internet nicht machen.“ Storm als
Person komme viel zu kurz. Bilder zeigten
ihn in der Regel in Personengruppen. „Da-
bei interessieren sich die Menschen für den
Politikeralltag, wie und wo er arbeitet.“ Sie
vermisse Fotos, die ihn in seiner Arbeitsum-
gebung zeigten. Es sei auch wenig verständ-
lich, warum Videomitschnitte seiner Bun-
destagsreden nur schwer zu finden sind.
„Hier können sich die Wähler einen unver-
fälschten Eindruck machen.“
Zypries schreibt selber
Die Homepage von Brigitte Zypries (SPD)
gibt auf denerstenBlickwenig Anlass zuKri-
tik. „Das Design ist offen und freundlich.
Die Seite ist wegendes großenZeilenabstan-
des gut lesbar“, lobt Simon. Zypries kann
auchmit ihremInternettagebuchPluspunk-
te sammeln. „Sie schreibt die Einträge sel-
ber“, sagt Simon. Wähler erhaltenso ungefil-
tert aktuelle Stellungnahmen. Sehr modern
sei auch, dass die Justizministerin einen so
genannten RSS-Newsfeed auf ihren Seiten
anbietet. Die Software schickt den Nutzern
des Programmes alle neuen Meldungen, die
auf der Homepage erscheinen, auf den PC.
Simon findet nicht gut, dass diese Funktion
auf der Unterseite „Medienecho“ versteckt
ist. Die Professorin kritisiert, dass ein
Home-Button fehlt, der die Nutzer wieder
zu Startseite bringt.
Die Seiten von Jochen Partsch (Grüne)
und Kerstin Laabs (FDP) schneiden weniger
gut ab. „Partschs Homepage wirkt auf mich
sehr unaufgeräumt“, kritisiert Simon. Es ge-
be zu viele Farben und Schrifttypen. Die Be-
gründung für seine Kandidatur sei viel zu
lang und nicht lesefreundlich aufbereitet.
Nach dem ersten guten Eindruck merke
manbei denSeitenvonLaabs, dass ihr Inter-
netauftritt viel zu unpersönlich sei.
Mit guten Internetseiten können Politi-
ker Wähler gewinnen. Es bleibt aber ein Risi-
ko: „Schlecht gemachte Seiten schaden. Sie
werfen ein unprofessionelles Licht auf den
Kandidaten“, sagt Simon. GERT BLUMENSTOCK
L Brigitte Zypries
Plus: Übersichtlich, gut lesbar, klar aufge-
baut; Internet-Tagebuch; Nutzer können
neue Meldungen direkt auf den PC laden.
Minus: fehlender Home-Button erschwert
Navigation; wenige persönliche Fotos.
www.brigittezypries.de
L Andreas Storm
Plus: Übersichtlich; leicht zu navigieren;
viele Informationen; Videos eingebunden.
Minus: Viele Bleiwüsten; Termine schwer
zu finden; Informationen über seine Per-
son wenig ansprechend dargestellt.
www.andreasstorm.de
L Jochen Partsch
Plus: zahlreiche Informationen; Kandida-
tur ausführlich begründet; aktuelle Termin-
liste.
Minus: wenig ansprechend; dominierende
Links, die zum Wegklicken verleiten.
www.jochen-partsch.de
L Kerstin Laabs
Plus: auf den ersten Blick sehr übersicht-
lich und ansprechend gestaltet.
Minus: zu unpersönlich; Klicks führen
schnell zu Seiten der Bundes-FDP oder
überregionalen liberalen Seiten.
www.kerstin-laabs.de
>>>>:
CDU präsentiert sich fast tadellos
Professorin findet schlechte und langweilige Wahl-Seiten
Wahlkampf übers Internet ist ein Weg, Wählerinnen und Wählern Politik
schmackhaft zu machen. Die Medienwissenschaftlerin Barbara Simon hat sich
für die FR durch die Internetauftritte von fünf Bundestagskandidatinnen
und -kandidaten geklickt und die Seiten bewertet.
Wiesbaden · Lebenslauf, Parteiprogramme, politische Schwerpunkte, Termine,
Tagebuch – mit einer „gut gemachten Seite“ hätten Politiker eine Chance,
sich besser darzustellen als auf Plakaten, bei Wahlversammlungen und mit
Broschüren, sagt Professorin Barbara Simon. Übers Internet könnten
Bürgerinnen und Bürger zudem leichter Kontakt zu Kandidatinnen und
Kandidaten aufnehmen. Denn die Schwelle, so die Professorin für
Online-Journalismus an der Fachhochschule Darmstadt, sei deutlich niedriger
als der Besuch an Infoständen und von Bürgersprechstunden. Barbara Simon
ging den Seitentest von fünf Bundestagsdirektkandidaten im Wahlkreis 180
„nicht ausgeprägt wissenschaftlich“ an, sondern hat eher deren Wirkung auf
die Nutzer geprüft.
Der Auftritt von Hartmut Bohrer, parteiloser Direktkandidat der Linkspartei
und Stadtverordneter der Linken Liste (LiLi) Wiesbaden, ist nach Ansicht von
Barbara Simon „kaum kritisierbar, weil er aus dem Bauch heraus gemacht ist“.
Schlicht, selbst gestrickt, keine ansprechende Gestaltung, zum Teil
veraltete Informationen – „aus der Steinzeit des Internet“. Simon wagt kaum
einen Vergleich mit anderen Seiten. Ihre Hauptkritik ist, dass der Nutzer
den Kandidaten Bohrer „nicht kennen lernt“. Inhaltlich werde zwar viel über
LiLi ausgesagt und sind sympathisierende Organisationen aufgelistet, aber
als Wahlseite für den Direktkandidaten erschließe sich die unprofessionell
gestaltete Seite nicht. „Aber vielleicht wollen die Wähler der Linken nicht
mehr“, rätselt Simon.
„Schlecht und langweilig“ lautet Simons Gesamtbewertung für den
Internetauftritt von Eric Starke (FDP). Unter dem Link Persönliches finden
sich nur allgemeine Hinweise auf die FDP und deren Ziele. Ein weiterer Klick
zeigt eine tote Seite. Der Internetauftritt nach dem Baukastenprinzip mit
wenigen Navigationspunkten habe kaum etwas mit Starke zu tun, stellt Simon
fest. Außerdem fehlten Dialogmöglichkeiten. Als negativ registrierte die
Professorin den veralteten Auftritt der Wiesbadener FDP mit Stellungnahmen
aus dem Jahr 2003.
Gut strukturiert und auffallend dezent empfindet Simon die mit vielen Links
versehene Präsentation des Grünen-Kandidaten Matti Seithe. Der Kandidat
komme mit Fotos und seinem Tagebuch zur Wahl „locker rüber“. Er mache
Kommunikationsangebote, auf die jedoch kaum jemand reagiert. Mit der „gut
strukturierten“ Seite lerne der Nutzer den Kandidaten kennen. Dessen
inhaltliche Schwerpunkte seien zwar „allgemeiner Art“, aber „ansprechend
geschrieben“.
Am Auftritt der CDU-Bundestagsabgeordneten und -kandidatin Kristina Köhler
hat Simon kaum etwas auszusetzen. Sie präsentiere sich auf ihren
Privatseiten als aufgeschlossen und gewähre mit Fotos viele Einblicke in ihr
Leben. „Sie macht Lust auf Politik“, hat Simon notiert. Lobenswert sei die
Präsentation der politischen Arbeit in Berlin und Wiesbaden, die Sprache sei
verständlich. Die Medienwissenschaftlerin lobt das professionelle Design und
die aktuell auf den Wahlkampf zugeschnittene Seite, empfindet jedoch die
Themenfülle als Nachteil. „Der schnelle Nutzer ist nicht zu erreichen.“
Als umständlich und fehleranfällig erachtet Barbara Simon die Adresse
„wiesbaden-waehlt-wieczorek-zeul.de“ – obschon sich die auf den Wahlkampf
zugeschnittene Seite der SPD-Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul als
Besonderheit im Vergleich herausstellt. Wer es schafft sich einzuklicken,
sieht sich zuerst einer Vielzahl von Unterstützern ( „positiv zu bewertende
Idee“) gegenüber. Deren Aussagen hätten jedoch überwiegend wenig Gehalt,
kommentiert Simon. Professionell und luftig sei das Design, der Aufbau
übersichtlich, die politischen Themen und die Links zur SPD seien nicht
überfrachtet. Als positiv bewertet Simon das Video-Statement der
Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, mit dem sie einen authentischen
Eindruck hinterlasse. Als guten Service bewertet Simon die Terminseite.
Waltraut Rohloff